Das Alte und das Neue

Sonntags-Blog „Das Alte und das Neue“, 29. Januar 2023

Liebe ZenhoflerInnen,

der blaue Himmel mit einer Wintersonne ist selten und dennoch lugt ab und zu die Sonne durch die aufgeweichte Wolkendecke hervor, so, dass wir nicht vergessen, dass sie immer da ist.

Winter in Schweden 2010

Vor einiger Zeit war ich mit Manfred in einem alteingesessenen Café in Schweinfurt. Dort gab es eine Sammlung von Kaffee-Mühlen, die an Vielfalt kaum zu übertreffen war. Alte schöne Stücke.

Die alten Stücke

In unserer Küche steht dagegen das automatische Gegenstück der modernen Neuzeit, auch wenn im Schrank noch eine Handmühle steht, die jedoch auch an Modernität nichts zu wünschen übriglässt.

Das neue Stück

Das Gemeinsame

Das Alte und das Neue. Eines ist allen Kaffee-Mühlen gemeinsam. Sie mahlen Kaffee. In unserer modernen Zeit ist das Gemeinsame manches Mal aus dem Blickfeld geraten. Wir sehen die Einzelheiten, denn unser Analyse-Gehirn tut dies gewohnheitsmäßig, denn wir gehören inzwischen alle zu der Generation der naturwissenschaftlich gebildeten Menschen.

Das Alte und das Neue im Zazen.

Jede Zazen-Meditation, ob vor 2500 Jahren oder heute hat das Gemeinsame. Wir setzen uns bewegungslos auf eine Matte und beobachten den Körper, den Geist und wenn wir schon geübter sind, die wechselseitige Abhängigkeit der Beiden, die sich oftmals mit einem Seelen-Zustand – das Gemeinsame beschreiben lässt.

Die Analyse unseres Verstandes stellen wir durch das Zählen ein wenig an die Seite, so dass die Beobachtungsfelder frei vor uns liegen. Jetzt beginnt das Wirken des „Sowohl Alten als auch Neuen“.

Immer wieder neu – Das Alte und das Neue!

Der jetzt aufkommende eingeschlafene Fuß ist jetzt neu, aber es gab ihn natürlich auch bei Meditierenden Jahrtausende und Jahrhunderte zuvor. Das Neue ist der jetzt sich zeigende Gedanke und dennoch sind Gedanken so alt wie die Menschheit. Das Neue ist die Blume auf dem Altar, auch wenn dort immer Blumen stehen. Das Neue ist der, der heute neben mir sitzt, auch wenn mir dieser Mensch schon lange bekannt ist. Wir sitzen mit unseren „alten uns bewegenden Formen“ in diesem neuen Augenblick, der ehe er geschehen ist, schon der Vergangenheit angehört.

Sind wir voller Sorge an einem vergangenen Ereignis hängen geblieben, tragen wir das „Altgewordene“ in unsere Gegenwart und somit in den zukünftigen Moment. Wir können das Alte niemals ganz verlieren, weil es ist ja bereits geschehen. Daher brauchen wir es nicht in die gegenwärtige Zeit zu tragen und somit den noch entstehenden Moment belasten.

Ein alter Moment und der Neue ist jetzt 14 Jahre alt und Essen mit Messer und Gabel möglich.

In der Zazen-Meditation ist jeder Augenblick so frei wie er nur sein kann und so behaftet mit dem Unsrigen wie er nur sein kann. Wir können das Alte nicht abschütteln und vergraben, weil es ist ja bereits da. Was wir mit dem Alten tun können, ist, dass wir es in das Neue integrieren, es einbauen, einbeziehen und berücksichtigen.  

Berücksichtigen

Berücksichtigen, genau das macht Zazen. Es hebt seine Sicht zum Rücken. Aufrecht und ohne Hindernis. Mit unserer ganzen körperlich-geistig-seelischen Welt sitzen wir auf dem Kissen. Nichts ist ausgeschlossen. Alles darf sein. Altes und Neues verzahnt sich und bildet das Jetzt. Mit diesem Jetzt gehen wir einen Schritt nach dem Anderen in wieder genau diese unsere körperlich-geistige-seelische Welt, die durch die Meditationsform Zazen unwiederbringlich wächst, weil das Beobachtungsfeld für uns immer sichtbarer wird.

Mit jedem Augenblick Zazen bringen wir das Alte und das Neue in eine „Aus-ein-ander-setzung“. Mitten in dieser „Aus-ein-ander-setzung“ gebären wir unsere eigene „neue“ Welt.

Aus-Ein-Ander-Setzung

Dieser Gedanke. Diese kleinste Bewegung. Dieser Impuls. Dieses Gefühl. Dieses Wort. Diese neue Welt ist unser neues Ge-mein-same. Ja, und nun steht das „Mein“ mitten drin im „Für alle“ und „allem Zugewandten“. Jetzt sind wir angekommen. Nicht nur bei unserem eigenen Körper-Geist-Seele-Leben, unserer eigenen neuen Welt, sondern bei allem, was existiert. Das Alte und das Neue öffnet sich gemeinsam in voller Gleichzeitigkeit, ohne Trennung.

Dies wünsche ich uns allen. Die Erfahrung der gleichzeitigen Ungetrenntheit, die Jegliches zusammenfügt und so das Ge-mein-same wachsen und reifen lässt.

Herzliches Gassho

Ellen (Daoren – die, die den Weg geht.)

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