Sonntags-Blog „Nacharbeiten“, 7. Januar 2024
Liebe ZenhoflerInnen,
herzlich Willkommen im neuen Jahr – 2024. Gestern Abend sahen Manfred und ich eine Dokumentation über Ferdinand Magellan. Der Mann, der 1520 den Seeweg von Europa nach Asien fand und der Erste, der den pazifischen Ozean von der Südspitze Südamerikas aus befuhr.
Ferdinand Magellan
Was trieb diese Menschen an? Was ließ sie die Qualen des Hungers und der unbekannten Stürme ertragen? Was dachten sie über diese Welt, die sie noch nie gesehen hatten? Was fühlten sie, denn sie wussten nicht, was da ist und was da noch kommt? Sie waren absolute Neulinge. Ferdinand Magellan und seine Leute.
Magellan hatte einen Schreiber an Bord, der all die Geschehnisse festhielt. Er selbst ließ in seinem Wortlaut Nachrichten aufschreiben. Dieses Schreiben war ein „Nacharbeiten“. Ein noch einmal Hinschauen, was da gewesen ist. Ein in Worte fassen, was gesehen wurde.
Was ist „Nacharbeiten“?
Eine Freundin benutzte dieses Wort und es berührte mich.
Nacharbeiten bedeutet nicht stehen bleiben, bedeutet etwas zu tun, was das, was da vorher war, in ein klares Licht setzt, um es für sich sichtbar und greifbar zu machen.
Es ist eine Be-arbeit-ung von Gesehenem, Erlebten, Erfahrenem, Gefühlten und Gedachtem. Doch, das Wichtigste ist, es ist gleichzeitig eine Vor-Arbeit. Nur wenn wir Nacharbeiten und Reflektieren können wir die Vorarbeit leisten für das Nächste. Wir können lernen, was in der vergangenen Welt übersehen wurde und doch bedeutsam für unsere jetzige und zukünftige Welt ist. Eine Nacharbeit ist eine Vorbereitung für das Neue, das Unbekannte, für das, was da noch kommt.
Für das, was da noch kommt! Pause!
Magellan und seine Leute wussten durch die Nacharbeit: diese Vögel fliegen an Land, diese Vögel nicht. Sie wussten von Meeresströmungen, die hilfreich waren und diejenigen, die zu meiden waren und so ließen sie ihr Schiff lieber Tage ruhen als weiter zu segeln.
Was machen wir in unserer heutigen Welt häufig? Wir segeln weiter, denn wir arbeiten nicht nach, was für Strömungen um uns herum sind. Wir segeln weiter, unaufmerksam für das gesamte Geschehen, das uns Hinweise lehren kann, auf eine mögliche Weiterfahrt – die Vorbereitung für die Weiterfahrt. Wir segeln einfach weiter, unbeholfen und stolpern so in jede Strömung und verlieren uns selbst darin.
Wie lernen wir „Nacharbeiten“? Welche Möglichkeiten gibt es in unserer heutigen Welt?
Meine Meinung dazu kennt ihr. Zazen. Es ist eine Möglichkeit des Nacharbeitens und eine gute Vorarbeit für ein Segeln auf dem Meer des Lebens. Es lehrt uns aufmerksam das Ganze im Blick zu halten. Körper und Geist und Seele. Mit allem!
Nacharbeiten funktioniert nur in Ruhe. Dann, wenn es still wird. Keine Musik. Keine Stimme. Kein Wollen. Kein „ich muss aber“. Durch dieses Nacharbeiten in Ruhe entsteht eine Vorarbeit für das, was da noch kommt, die unüberschätzbar ist.
Der unüberschätzbare Schatz
Es ist der Schatz der eigenen inneren Stimme, die nicht mehr einfach jedem Strudel folgt und hilflos in eine Strömung gerät. Es ist der Schatz einer Vorbereitung auf ein Leben im Gleichgewicht.
Und ist nicht genau das, was alle Menschen anstreben? Auf der Suche danach sind? Bemerkenswerter Weise wird eine derartige Nacharbeit von Profi-Sportlern für eine Erhöhung ihrer Leistung benutzt. Sie schauen sich Bilder und Filme von ihrem eigenen Laufstil usw. an, um daraus zu lernen, sich noch mehr zu bemühen, es gut zu machen. Die Bemühungen zu intensivieren.
Warum intensivieren wir alles Mögliche, nur nicht uns selbst, unser Urgeigenstes?
Ich frage mich, warum wir es im Leistungssport kennen, aber in unserem eigenen Leben nicht tun? Wir wissen nicht, wie unser Körper, Geist, Seele sich bemühen können, es gut zu machen. Wir intensivieren unsere Übung hier nicht, uns kennen zu lernen, wer und was wir wirklich selbst sind? Wo wir davonlaufen? Wie wir mit Dingen umgehen? Was wir tun, wenn eine Situation in Gedankenkreise lockt? Wir arbeiten nicht nach. Wir segeln unaufhaltsam in der Strömung, denn wir halten nicht an und schauen geduldig auf die Strömung, die uns vorher lehrte, hier in Ruhe zu bleiben wie Magellan. Das Schiff steht. Anwenden von nachgearbeitetem Wissen, von Reflektion und erst dann gelingt die Weiterfahrt.
Magellan reiste zur Insel, auf der das Gewürz „Nelken“ wuchs. Er starb nach Erreichen seines Traums. Er arbeitete seine Reise nach. Stück für Stück für die ganze Welt, denn von nun an gab es Karten vom Pazifik. Von nun an gab es Aufzeichnungen von Ländern, Inseln, neuartigen Tieren und Pflanzen. Das Unerwartete, das absolute beängstigende Neue wurde zum Erfahren neuer Welten.
In diesem Sinne wünsche ich uns allen ein Jahr 2024 mit dem Bemühen, das eigenste Leben stets und immer wieder nachzuarbeiten und dies geschieht mit jedem in Ruhe bemerkten Atemzug, der den Raum für die Vorbereitung des Neuen und Unbekannten bereitet.
Die Anfängerin von Ellen Kremer-Wilmes
Ich bin eine Anfängerin auf dem Schiff des Lebens.
Es segelt mit mir durch Sturm und ruhige See,
lehrt mich das Ruder ruhig zu halten,
die Segel zu setzen,
die Taue zu schlagen.
Es segelt mit mir auf dem Meer des Lebens.
Es zeigt mir Inseln der Kraft.
Es segelt mit mir an die Ufer der Liebe.
Es tanzt mit mir auf den Wellen in den immer wieder neu beginnenden Tag
und bringt mich jeden Tag neu an das Ende meines Lebens.
Herzlich und mit Gassho
Ellen Daoren
So schön 😌
Vielen lieben Dank liebe Ellen 🙏