Mut für das Licht in der Dunkelheit

Sonntags-Blog „Mut für das Licht in der Dunkelheit“, 28. November 2021

Liebe ZenhoflerInnen,

der November grüßt uns mit ersten Schneeflocken. Der Winter ist eingeläutet. Die letzten Gänse ziehen nach Norden. Die dunkelste Jahreszeit hat begonnen und mit Riesenschritten laufen wir auf den kürzesten Tag des Jahres zu. Da geschieht das Wunder. Der nächste Tag, wenn auch unbemerkt, ist bereits schon wieder länger und somit rückt das Licht und die Wärme des Sommers uns immer näher.

Wie Ihr wisst, fand gestern auf dem Marktplatz in Coburg eine Schweige-Demonstration „Schweigen für die Menschlichkeit“ statt. Spontan und einfach geschehen. Herzlichen Dank an die ZenhoflerInnen, die gestern dabei waren. Auch wenn wir aus unserem Zendo das Schweigen in ausgereifterer Form kennen, so waren die Gespräche leise und viele Menschen haben tatsächlich lange einfach schweigend mit dabeigestanden. Wir waren, so meinte Marco, mehr als 100 Menschen. Ein herzliches Danke an all diese Menschen, die einfach so dankbar waren, dass jemand den Blickwinkel „Menschlichkeit“ aufzeigt.

Keine Politik. Keine Biologie. Keine Virologie. Keine Medizin. Kein Gerede. Einfach sich erinnern, dass wir alle Menschen sind, dass kein Mensch auf die Welt käme, wenn nicht mindestens zwei Menschen zusammenkommen, dass kein Mensch aufwächst, wenn Menschen ihn nicht nähren, tragen, fördern würden, dass keiner von uns leben könnte, gäbe es nicht den Anderen.

Eine Frau, die gestern dabei war, schrieb mir heute eine Mail. Diese möchte ich in einem Ausschnitt mit Euch teilen, weil sie sagt etwas, dass für die Meditation Zazen ein wichtiger Bestandteil ist.

„Ich möchte mich auf diesem Wege bei Ihnen dafür bedanken, dass Sie eine wunderbare Idee hervorgebracht und umgesetzt haben. Ich danke Ihnen für diesen Mut. Sie haben gestern so viel Licht in die Dunkelheit dieser Zeit für viele Seelen gebracht. … Danke dafür, dass Sie dem ein oder anderen einen neuen Blickwinkel gegeben haben. …“ (Y. G., Weidach)

Frau G. erwähnt zwei wichtige Dinge. Sie erwähnt den Mut und das Licht in der Dunkelheit für die Seele.

Wenn wir Zazen praktizieren, sind wir auch mutig. Wir fassen die Absicht genau dies jetzt für die nächste Zeit zu tun. Nichts und niemand hindert uns daran, genau dies jetzt zu tun. Dieser Mut, den wir hier üben, wächst mit dem Tun dieser Praxis. Wir fassen die Dinge in unserem Leben mutig an. Wir schauen uns nicht ängstlich um, sondern unseren Rücken vertrauend der Welt zeigen, gehen wir Schritt für Schritt in den nächsten Atemzug. Ohne Angst. Ohne Furcht. Ohne Gedanken. Diesen Mut, den wir hier aufbringen, ist eine große Übung, gerade für schwierige Situationen in unserem Leben. Gestern Abend war ein verzweifelter Vater dabei. Er macht sich große Sorgen um seine Kinder. Dankbar verließ er die Veranstaltung, ermutigt für sie einzutreten.

Schon Christus sagte, wenn ihr nicht werdet wie die Kinder. Mutig. Neugierig. Offen. Unverstellt. Einfach menschlich.

In unserer Praxis des Zazen stehen wir mutig für uns ein. Jede Verbeugung, jede Bewegung im Zendo fällt in unseren eigenen Beobachtungsraum. Dabei können wir zuschauen, wie unser Körper mutig eine Bewegung nach der anderen ausführt, ohne sich zu fragen, welche Folgen das hat. Er tut es mit frischem Mut.

Genau dadurch passiert etwas in unserem Geist. Dieses mutige Tun des Sitzens, dass uns nach Aussagen von Dōgen Zenji stets auch zu einem Buddha macht, erfährt durch das mutige Tun des Atems, durch das mutige Tun des Unbewegten einen Geist, der immer klarer wird. Je klarer er ist, je mehr Licht sehen wir. Wenn alles vollgestellt ist mit unseren Wenn-Geschichten-Gedanken und besorgtem Grübeln dann besetzt die Dunkelheit unsere Welt. Mit der Zazen-Meditation hebt sich eine Art Schleier. Unbemerkt oftmals von uns, streift er sich ab und dann erleben wir diese wundervollen friedlichen Momente. Diese erhellenden Momente. Diese erfrischenden und ausgeruhten Augenblicke in der Meditation, die wir mitten hinein nehmen in unseren Alltag.

Son wünsche ich uns allen weiterhin einen guten Mut für das Licht in der Dunkelheit. Ich freue mich darauf, noch viele Stunden gemeinsam mit euch mutig auf dem Kissen zu sitzen und Licht in die Dunkelheit zu bringen. Herzlichen Dank für Euer aller Dabei-Sein.

Einen schönen ersten Advents-Sonntag

Gassho Ellen

2 Kommentare

  1. Hallo Ellen, die dunkle Jahreszeit ist so schon nicht immer einfach und dann werden uns Dinge verboten die diese Zeit einwenig einfacher machen. 🤷‍♂️
    Alleine immer meditieren ist irgendwie nicht so mein Ding oder ich habe einfach keine Geduld. 😉 😊 🤷‍♂️ Bin zwar ein Einzelgänger, aber manches möchte ich dann doch mit Freunden oder netten Menschen machen. 😉

    In dieser komischen Zeit wird man echt gezwungen, ständig nach neuen Wegen zu suchen!

    Ich zieh mir nach einer Wanderung im leicht verschneiten Harz jetzt ein schönes Musikvideo / Konzert rein! Leider nur Konserve, aber besser als nix!

    Bleibt schön Gesund und bis bald.

  2. Liebe Ellen
    Ich habe schon lange nichts mehr von mir hören lassen. Bin aber immer wieder berührt von deinen Gedanken und die Fähigkeit sie in Worte auszudrücken. Danke für deine Blogs und ich wünsche dir und Manfred eine Kraft diese Zeit mit eurer Energie und Kraft mit uns durch zu gehen.
    Ganz, ganz lieben Dank

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