Sonntags-Blog „Ein starker Rücken“, 21.November 2021
Liebe ZenhoflerInnen,
der November macht sich wettermäßig alle Ehre. Ein grauer Schleier überzieht unsere Welt. Wenn wie vorgestern ein paar Sonnenstrahlen das Grau erhellen, lacht das Herz und die Seele.
Das Grau scheint nicht nur unser Wetter mit einem dunklen Überzug zu beleuchten, sondern auch die Welt zu spalten. Familien werden davon durchzogen, Schuldzuweisungen ausgeteilt, Armut und Hunger weltweit erhöht, Müllberge produziert und Menschlichkeit scheint auf den ersten Blick ein Fremdwort zu werden. 2 G und 3 G, 2 G + und 3 G + spalten eine Gemeinschaft, die sich demokratische Gesellschaft nennt. Der Philosoph Dr. Hajo Eickhoff hält am 9. Dezember in Coburg einen Zoom-Vortrag über die VHS. Aus einem seiner Bücher wird er zitiert. „Unsere Lebensweisen vor der Krise waren nicht alternativlos.“ Ich ergänze, sie sind es nie.
Was hat das mit unserer Praxis zu tun? Das 2 G ist das Bemerkenswerte. Es gibt in unserem Körper zwei G, zwei Große Systeme, die unseren gesamten Körper steuern. Unser zentrales Nervensystem. Es funktioniert völlig autonom und es hat zwei Große Stränge.
Den Sympathikus und den Parasympathikus. Das Aktivierende und das Hemmende. Das Arbeitstier und der Ruhepol. Das Erregende und das Regenerierende. Diese beiden Großen sind in der Regel sich gegenseitig ergänzende Systeme, so dass eine Balance – ein Gleichgewicht gehalten wird, sowohl physisch als auch psychisch. Beide laufen mit ihren Nervensträngen an der Wirbelsäule entlang. Im Gehirn treffen sie auf den Hypothalamus und die Amygdala.
Diese Bereiche sind stark miteinander vernetzt. Die Amygdala ist der Emotion Angst zugetan. Wenn wir diese „Angst“, egal vor was und vor wem beruhigen wollen, können wir die Nerven der beiden Großen Nervensysteme in unseren Dienst stellen.
Wenn wir meditieren, tun wir genau dies. Wir bringen die beiden großen Nervensysteme in die Balance. Je öfter wir meditieren umso mehr wächst das Gleichgewicht. Ängste, von woher auch immer, haben nun eine geringere Möglichkeit uns aus dem Gleichgewicht zu bringen. Unsere Zentrale sendet Ausgeglichenheit. In dem Moment, wo wir unseren Rücken aufrichten, richten wir unsere Nervenstränge auf. Wir lassen ihnen den Freiraum zu atmen. Wir geben sie frei. Unsere Wirbelsäule kann tanzen. In dieser nicht bewegten aufgerichteten Wirbelsäule laufen die Nervenbahnen uneingeschränkt, hindernisfrei zum Gehirn, lösen dadurch schnellere Aktivitäten der Nervenzellen aus, was wiederum zu einer schnelleren Beruhigung durch Ausbalancierung des ganzen Systems beiträgt.
Die Aufrichtung unseres Rückens in der Meditation dient somit nicht nur einer geistigen Aufrichtung, sondern sie dient uns auch tatsächlich körperlich funktional. Gerade in diesen Zeiten, denke ich, ist diese Aufrichtung sowohl geistig als auch körperlich funktional wichtig, um immer wieder dem inneren und äußeren Gleichgewicht eine Möglichkeit der Erfrischung zu geben. Meditation ist in diesem Sinne eine frische Nahrungsquelle.
Gerne teile ich mit Euch diese Nahrung und wünsche uns allen, diese Frische zu fühlen und als Kraftreservoir mit in den Alltag zu nehmen.
In dem Buch von Nishijima, Kazuo (2008): Begegnung mit dem wahren Drachen. Leben und Zen, könnt Ihr noch feine weitere Auseinandersetzungen zum Thema Leben und Zen finden.
Eine gute Woche
Ellen