Erneuerung in Zuversicht?

SonntagsBlog „Erneuerung in Zuversicht?“, 16. Juli 2023

Liebe ZenhoflerInnen,

es ist wirklich bemerkenswert wie die Tage dahin schmelzen und wir mitten im Sommer stehen, dessen Sonnenstand sich schon wieder neigt.

Kornblume

Also mögen wir diese schönen Sommertage genießen, denn auch sie gehen und die Herbsttage stehen auf. Gestern hatte ich Besuch von meiner Freundin Annika. Im Laufe des Abends stellte sie die Frage:

Was ist eigentlich Erneuerung? Wie geschieht sie?

Da wir kurz vorher von uns Frauen sprachen, die dem Rhythmus einer monatlichen Blutung folgen, sagte ich einfach: Was geht der Erneuerung auf jeden Fall voraus?

Etwas verwundert und fragend antwortete sie: Das Abgehen des Alten? Ja, wir trennen uns von der alten aufgebauten Gebärmutterschleimhaut. Täten wir dies nicht, könnte kein Kind geboren werden, denn die befruchtete Eizelle braucht ein neues Klima.

Ein Kind entsteht. Wie viel Altes lassen wir hinter uns? Wie lernen wir Veränderung augenblickhaft lebendig leben?

Wir schauten gemeinsam auf das Bücherregal. Ja, das ist das Problem. Wir wollen keine Erneuerung, denn das Bild hat schon immer da gehangen, das Fest wurde schon immer so gefeiert, diese Farbe habe ich schon immer gemocht und vieles mehr. Besonders deutlich wird das Nicht-Verändern und Erneuern wollen bei uns selbst. Am liebsten möchten wir immer so schöne Haare haben wie jetzt. Wir möchten immer so eine gute Figur haben wie jetzt. Die Industrie nutzt dies für ihre Interessen. Wir möchten, dass unsere Kinder etwas Vernünftiges lernen und Geld verdienen wie wir. Da ist kein Raum für Kunst, Musik, Theater, Philosophie, veränderte Lebensweisen. Das ist nichts Vernünftiges, nichts womit man Geld verdienen kann. Auch wenn die Welt voller Gegenbeispiele ist. Berühmte Tänzer. Berühmte Designer. Dennoch heißt es: Ja, aber.

Kreativ-Wochenende mit Stefanie. Selbstorganisiert. Freude. Erneuerung pur.

Was ist Erneuerung? Wie vollzieht sie sich?

Jetzt wissen wir schon einmal, dass auf alle Fälle irgendetwas sterben muss. Die Natur macht es uns ja ebenso vor wie die Gebärmutterschleimhaut. Doch, wollen wir etwas sterben lassen? Wirklich sterben lassen? Wollen wir nicht immer wieder den Zustand jetzt bewahren, erhalten, fast ein wenig konservieren?

Konservieren bis es doch auseinanderbricht. Doch wieviel Kraft kostet uns das Erhalten?

Da kommt Zazen daher.  Was ist Erneuerung hier?

Der Atem kommt. Der Atem geht. Was erneuert sich jetzt hier? Ist es die Lungenzelle, die nun angereichert mit Sauerstoff wiederum anderen Zellen zur Erneuerung verhilft? Ist diese Erneuerung nur möglich, weil wir unseren Atem sterben lassen, gehen lassen?

Würden wir nicht ausatmen und Asthmatiker wissen, was das heißt, dann geschieht keine Erneuerung mehr, sondern wir ersticken sozusagen an unserem eigenen „Abfall“, denn unser zum Ausatmen bereites Kohlendioxid verbleibt in uns und vergiftet uns. In der Natur lässt genau dieser Abfall, den wir also gehen lassen, als Kohlendioxid jedoch die Pflanzen wachsen.

Ist das Gestorbene also vielleicht das Umfassendere?

Es kennt das Sterben und das Leben. Es löst Wachstum aus – eben Erneuerung. Welch eine Geschichte? Brauchen wir für diese Umwandlung, für eine Erneuerung Zuversicht? Zuversicht als ein festes Vertrauen, dass etwas in der Zukunft Erwartetes eintritt?

Erwarten wir wirklich den nächsten Atemzug, wenn wir so dasitzen und zählen? Warten wir auf ein Ereignis, ein Aha-Erleben, auf die Stille, auf die innere Ruhe, auf ein Finden eines Selbst? Ist Warten und ein Erwarten eine Bedingung bei Erneuerung?

Offensichtlich, wenn wir ganz nah beim Frausein bleiben, nicht, denn ein Kind entsteht nicht dadurch, dass es darauf wartet in die neue Gebärmutterschleimhaut sich einnisten zu dürfen.

Es geschieht einfach. Und das ist rechte Aufmerksamkeit wie es bei den Regeln des achtfachen Pfades heißt.

https://www.theravada-salzburg.at/lehre/der-edle-achtfache-pfad/

Wir sitzen. Wir sehen den einen Atemzug wirklich kommen, die Pause, ihn gehen, die Pause und dann den Nächsten. Doch eines tun wir nicht. Wir warten nicht auf den Nächsten, sondern wir sehen ihn, bemerken ihn, achten ihn, freuen uns, dass er da ist.

Wir sehen ihn wie die Spur im Sand. Und drehen wir uns um, ist er bereits gewesen. Vorbei. Gestorben. Neu. Erneuerung. Jetzt.

Und dann ist es so wie beim Einschlafen, plötzlich ist es da. Erstaunt bemerken wir, was war das? Erstaunt bemerken wir dieses AHA. Wir beobachten rückwärts in der Reflektion, in der Rückschau, da war dieses Gefühl, dieses Gespür, dieses Empfinden, dieses genaue Wissen und bemerkenswerter Weise wissen wir, dies ist eine wirklich empfundene tiefe Lebenserfahrung.

Genau dieses Wissen hilft uns das Vertrauen ins Leben erneuert aufzunehmen. Wir wissen einfach, dass genau diese Erfahrung uns verändert hat, dass etwas Altes sterben durfte, so dass wir nun dieses seltsame Erneuerte an die alte Stelle setzen. Wir spüren einfach das ist gut so. Das nennen wir Vertrauen. Ur-Vertrauen, denn es ist einfach ganz tief in uns. Lassen wir es seine Arbeit in uns, mit uns und durch uns tun, zeigt es sich uns in den vielfältigsten Lebensbereichen. Zazen ist einer davon, ein Besonderer.

Zazen ist eines von den vielen Handwerkszeugen, die zu derartigen Erfahrungen des Ur-Vertrauens führen kann. Es erneuert nicht nur Augenblick für Augenblick unseren Körper, sondern auch unseren Geist. Unbemerkt von uns führt es uns einfach schlicht und in stiller Ruhe zu uns selbst. Dem Selbst, das schon immer bei uns war, ist und sein wird.

Und sind wir ganz still und lassen Zazen einfach machen, meinen nicht, dass wir es besser wüssten, dann zeigt es uns diese AHA´s und diese feine kleine stille Freude teilt unser Leben.

Dies wünsche ich uns allen.

Gassho Ellen Daoren (Die, die den Weg geht.)

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