Eine Narretei?

Sonntags-Blog „Eine Narretei?“, 19. Februar 2023

Liebe ZenhoflerInnen,

es ist Mitte Februar und in diesem Jahr beginnt der Fasching früh. Die Narretei geht los. Doch, was ist ein Narr und seine Narretei? Vor einigen hundert Jahren gehörte der Narr zu jedem Fürsten-, Königshof und anderen Märkten. Berühmte Narren sind Till Eulenspiegel und Don Quichote.

Braunschweig Brunnen mit Till Eulenspiegel

Heute entspricht dem wohl am ehesten der Komiker. Was macht sie so besonders? Mitten in ihrer Narretei, die meist von körperlichen Handlungen begleitet sind, kommt aus ihrem Mund ein Wortspiel, dem trotz seines oftmals weisen Charakters ein Lachen anhaftet. Daher der berühmte Spruch von Shakespeare: „Der Narr hält sich für weise, aber der Weise weiß, dass er ein Narr ist.“

Was hat das mit Zazen zu tun? Ist es nicht oft so, wenn wir auf unserer Matte sitzen, dass wir uns fragen: Was tust du da eigentlich? Was ist das für eine Narretei, 40 Minuten schweigend und bewegungslos auf einer Matte zu hocken und Atemzüge zu zählen? Ist das nicht ver-rückt?

Shunryu sagt: „Manche Menschen mögen glauben, daß wir verrückt sind, und wir mögen glauben, daß sie verrückt sind. Das ist in Ordnung. Wir werden ziemlich bald herausfinden, wer verrückt ist.“ (Suzuki 2008, S. 32)

http://www.literaturtipps.de/buch/detail/zen-ratgeber/suzuki/seid_wie_reine_seide_und_scharfer_stahl.html

Ja, wir sind ver-rückt. Wir sind nämlich abgerückt von der beständig bewegten Welt und setzen einen Ruhe-Pol. Ja, wir sind ver-rückt, denn wir zählen Atemzüge während wir unseren Rück-en aufrecht halten. Zu-rück zum Rücken – ver-rückt. Wir rücken unseren Rücken zurecht, begradigen ihn und schauen uns selbst zu und nicht mehr irgendjemanden anderem.

Aufrecht ist der Rücken verrückt!

Was gewinnen wir? Wie der Narr gewinnen wir Weisheit und wenn wir weise geworden sind, wissen wir, dass wir ein Narr sind. Der Kreis schließt sich und die Welt wird leicht.

Zazen zu üben und Zazen zu tun, ist auch den Weg des „weisen Narren“ gehen. Er traut sich an die Dinge heran, wovor andere Menschen Angst haben. Die Närrin oder der Narr trauen sich das Wort zu ergreifen, wo andere schweigen. Sie ver-rücken die Dinge und benennen sie anders. Dadurch entsteht Komik, aber auch Perspektiven! Sie verschieben die Welt. Dabei haben sie das feste Vertrauen, dass ihnen nichts geschieht und dass immer für sie gesorgt ist. Sie gehen ihren Weg mit ihrer ganzen Ver-rücktheit.

So verrückt wie diese Katze!

Lasst uns einfach weiterhin ver-rückt unseren Atem zählen, bewegungslos und schweigend unseren Rücken zurecht rücken und langsam Stück für Stück erfahren, was die Weisheit des Lebens ist. Eine Weisheit, die so leise, so still, so einfach, so nah, so schön ist, dass es erstaunlich ist, dass wir sie so schlecht sehen, hören, annehmen können.

Lasst uns gemeinsam weise werden … und sein, denn dann ist unser aller Leben einfacher.

Ein herzliches Gassho uns allen

Ellen (Daoren. Die, die den Weg geht.)


Quelle: https://beruhmte-zitate.de/zitate/125231-william-shakespeare-der-narr-halt-sich-fur-weise-aber-der-weise-weiss/

Literaturverzeichnis

Suzuki, Shunryu (2008): Seid wie reine Seide und scharfer Stahl. Das geistige Vermächtnis des großen Zen-Meisters. 3. Aufl., Taschenbucherstausg. Hg. v. Edward Espe Brown. München: Heyne ([Heyne-Bücher], 70036).

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