Der Mut des Lebens

Sonntags-Blog „Der Mut des Lebens“, 20. März 2022

Am Donnerstag bei Zen und Theorie haben wir uns mit der Lebensgeschichte einer Vorfahrin mit Namen Ryonen Genso beschäftigt. Sie konnte erst ein Zen-Kloster betreten, nachdem sie sich mit einem Bügeleisen das Gesicht verunstaltete.

Sie schrieb dazu folgendes Gedicht:

„Meiner Kaiserin dienend, verbrannte ich Räucherwerk,
um meine erlesene Kleidung zu parfümieren.
Jetzt, als hauslose Bettlerin,
verbrenne ich mir das Gesicht,
um Einlass in den Tempel zu finden.
Die vier Jahreszeiten fließen so natürlich dahin,
wer ist das jetzt inmitten dieser Veränderung?

Gemeinsam ergaben sich an Ryonen folgende Fragen:

  • Welchen Schmerz, welche Sehnsucht hat sie, dass sie sogar von außen sich einen solchen Schmerz durch Verbrennung zuführt?
  • Woher nimmt sie den Mut?
  • Warum schreibt sie das Gedicht auf die Rückseite des Spiegels?
  • Welche Motivation hatte sie?

Diese Fragen möchte ich heute an Euch alle weiterreichen. Fühlt euch hinein! Denkt darüber nach! Nehmt Euch einen Satz, eine Frage und meditiert damit! Stellt selbst eine Frage an Ryonen?

Und am Ende stellt Euch ihre Frage: Wer ist das inmitten dieser Veränderung?

Wir können dabei viele Antworten entdecken. Diese fanden auch Eingang in unser Gespräch am Donnerstag. Doch, die schönste Aussage zu dieser Frage „Wer ist das inmitten dieser Veränderung“ war der Satz: „Sie ist weg.“

Übertragen wir das auf jeden Einzelnen von uns, können wir von uns sagen: „Ich bin weg.“

Gehen wir jetzt gemeinsam ein Stückchen tiefer in diesen kleinen Satz: „Ich bin weg“, so können wir ihn formulieren mit: Ich bin Weg!

Ich bin Weg!

Das bedeutet, dass Ich = Weg. Das heißt, dass wir nicht nur einfach auf einem Weg gehen, sondern, wenn wir der Weg sind, wir die Büsche und Sträucher sind, die Steine, das Blatt, die Ameise unter unserem Fuß, dass wir der blaue Himmel, der Regentropfen, der Baum und die Katze sind. Alles, was einen Weg ausmacht, sind wir. Und genau davon spricht Ryonen.

„Die vier Jahreszeiten fließen so natürlich dahin,
wer ist das jetzt inmitten dieser Veränderung?“

„Ich bin ein weg Weg.“ „Ich bin ein Weg weg.“

Jeder ist immer bereits der ganze Weg.

Nicht nur ein Teil dieses Weges, ein „Ich“, sondern der ganze Weg/die Welt/der Kosmos/Alles, was existiert, bin ich. Wenn wir wie Ryonen den ganzen Weg erfahren, sind wir durch die verschiedensten Phasen unseres Lebens geglitten wie Ryonen. Die guten und die schlechten Zeiten, das Rauf und Runter, das Wohlgefühl und das Bittergefühl, das Einsame und das Gemeinsame und woher nehmen wir den Mut diesen Weg zu gehen?

Der Weg sein. Müde. Ausgeruht. Erlebnishungrig. Einsam. Traurig. Allein. Zufrieden. Heiter. Freudig. Mutig.

Merkwürdigerweise benötigen wir den Mut nicht, weil wir sind bereits immer schon dieser mutige verändernde fließende parfümierte verbrannte Weg. Ihn sehen, riechen, schmecken, fühlen, begreifen zu lernen, bietet uns Zazen eine Möglichkeit. Er ist ein Weg, der weg ist von dem, was wir gewöhnlich kennen. Er öffnet uns den Geschmack, wie gestern die Biodanza-Lehrerin Christiane Rogl aus Kassel bei Zen und Biodanza sagte. Den Geschmack von dem ganzen Weg, dem ganz weg sein.

Daher freue ich mich sehr, mit Euch allen weiterhin üben zu dürfen, diesen Weg zu gehen, um das „den Weg weg sein“ zu erfahren. Danke an Euch allen.

Einen schönen Sonntag uns allen noch. Einen guten Start in die Woche.

Gassho Ellen

3 Kommentare

  1. Tiefgründige Erfahrungen von Freude, Pulsieren, Freiheit in der Musik und in der Bewegung aber auch von Verwirrtheit zu bestimmten Themen die mir in der Entspannungsphase begegneten. Danke❤ liebe Christiane und liebe Biodancer, hoffe auf weitere Termine.

  2. Tiefgründig beeindruckend mit Gefühlen der Freude, der unendlichen Liebe, der Freiheit aber auch der Verwirrtheit bei bestimmten Bildern. Danke, danke an Christiane und allen Biodancern. Bis zum nächsten Mal.

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