Sonntags-Blog „Die Kunst einen Berg zu besteigen“, 6. Oktober 2024
Liebe ZenhoflerInnen,
der Herbst wirbelt in Riesenschritten herein und nimmt uns mit Wind und Wetter mit auf seine Reise.

Manfred und ich waren jetzt drei Tage in Bad Kissingen. Wir gingen im herbstlichen Park spazieren und gestern machten wir eine Wanderung in der Rhön. Das Würzburger Haus und die Kissinger Hütte auf einem Rhön-Rundweg. Mein Knie hat einigermaßen die Strecke geschafft und das freute mich.

Heute auf der Rückreise machten wir noch einen kleinen Spaziergang durch die kleine Stadt Münnerstadt. Eine Stadt, die einmal groß und reich war bis der dreißigjährige Krieg ausbrach. Lohnenswert mit einem kleinen schönen Altstadt-Cafe mit wunderbarem Kuchen.
Die Stadt hatte einen Skulpturen-Ausstellung und eine Skulptur mit dem Namen „Ausschnitt“ fesselte mich.

Was es bedeutet, einen Berg zu besteigen!
Sie zeigt so wunderbar, was Zazen ist, was Leben ist, was Zeitgeschichte ist, was einen Berg besteigen bedeutet.
In einem Halbrund gehen Stufen hinauf in den blauen Himmel oder umgedreht hinunter zu einem großen Spalt, dem Abgrund, dem Riss, da wo alles zu Ende scheint. Aber die Skulptur macht so wie das Leben dort nicht Halt. Es geht wieder hinauf in den blauen Himmel und wieder hinab in den Spalt.

Einen Berg besteigen ist genauso. Wir steigen hinauf und stellen fest, dass es genau hier nicht geht, denn da tut sich ein unüberwindbarer Felsspalt auf. Was tun wir? Wir können verzweifelt davor stehen bleiben und uns die Haare raufen. Wir können laut um Hilfe schreien, ob uns denn niemand hinüberhelfen kann. Wir können uns niedersetzen und nicht mehr aufstehen, verhungern und verdursten. Wir können jedoch auch aufstehen und weitergehen, eben nicht dort lang, sondern da lang, wo es gerade geht. Wir können über Steine und Bäume klettern. Wir können durch einen Fluss waten und durch Matschwege gehen. Wir können uns die Knie aufstoßen und uns an Dornen und Gestrüpp die Arme aufkratzen.

Wir können unseren Geist nutzen und uns entdecken lassen, welche Möglichkeiten es noch gibt. Auch zurückgehen und neu anfangen, gehört dazu. Wir können auch Freunde beim nächsten Gang mitnehmen, denn dann könnten wir ein Seil spannen und den Riss überwinden. Wir können uns auch erst stärken und dann eine Art Brücke bauen. Wir können auch einen anderen Berg wählen und von hinten diesen Berg erobern. Es gibt unendlich viele Möglichkeiten.
Es gibt nur eines zu tun und das lehrt uns Zazen – weitergehen. Wir atmen einfach weiter. Egal wie tief, wie wenig, wie viel und egal wo. Hauptsache wir tun es. Egal, ob die Gedanken Purzelbaum schlagen oder so still sind wie der stillste Windhauch. Wir sitzen einfach weiter.

Und dann geschieht es plötzlich. Plötzlich erleben wir, dass wir oben auf dem Berg ankommen und wir mit einer Aussicht belohnt werden, die unglaublich scheint, wenn wir sie nicht jetzt mit eigenen Augen sehen und fühlen könnten. Dann sagen wir: Ja, so ist es.
Also lasst uns gemeinsam weiterhin Berge besteigen im und mit Zazen, Lösungen und Wege finden, den Berg zu begehen. Lasst uns zuschauen, welche Wege wir einschlagen und welche anderen Möglichkeiten es noch geben könnte.
Ich freue mich auf Euch.
Ein herzliches Gassho
Ellen Daoren
Danke für Deine immerwährend aufmunternden Worte!
So soll es sein 🌞
In Gassho
Marco 🙏